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PUTIN ZWISCHEN DEN FRONTEN

Steffen Hoffmann September 27, 2015

Wie gehen wir mit Russland um?

Der Heidelberger Politikwissenschaftler und „Putinversteher“ Klaus von Beyme sprach bei punktsieben

Walldorf. Obama und Putin, die beim Uno-Gipfel miteinander anstoßen. Auch wenn es etwas verkrampft wirkt, dieses Bild wäre vor einiger Zeit noch undenkbar gewesen. „Die weltpolitische Lage hat uns Russland näher gebracht“, sagte Klaus von Beyme vor rund 150 interessierten Zuhörern im evangelischen Gemeindehaus in Walldorf. Denn Putin sei ein entschiedener Kämpfer gegen den Islamismus. Bei Punktsieben, dem Diskussionsforum der evangelischen Kirchengemeinde Walldorf, ging der ehemalige Leiter des Instituts für Politikwissenschaft in Heidelberg nicht nur auf russische Verhältnisse und Befindlichkeiten ein, sondern auch auf Fehler und Versäumnisse des Westens.

Um Punkt Sieben ging es los: Johannes Franzowski vom punktsieben-Team erinnerte an die deutsch-russische Freundschaft zu Zeiten Gorbatschows, als Russlands Präsident „für uns noch der Gorbi war“. Auch Putin habe bis 2000 als Westler gegolten, bemerkte von Beyme. Er habe aber versäumt, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft zu entwickeln.

Weil er sich nicht ernst genommen fühlte habe Putin einen Drang entwickelt, sich zu profilieren. Die USA trügen eine Mitschuld, denn sie seien Russland nicht auf Augenhöhe begegnet. Von kurz vor Petersburg bis Japan im Süden fühle sich Russland von feindlich gesonnenen Mächten eingekreist.

Man hätte nicht versuchen sollen, die Ukraine in die EU zu ziehen, betonte von Beyme. Nur 42 Prozent der Ukrainer seien für einen Anschluss, ein Drittel für eine Zollunion mit Russland. Und mehr als die Hälfte spreche zuhause russisch. „Ein Eintrittsticket für die EU – da bin ich ganz und gar dagegen“, betonte der Politologe. „Die Medien in Russland werden gleichgeschaltet während sie sich im Westen teils selbst gleichschalten und feste draufhauen“, so von Beyme. Dass die Sanktionen nach dem Minsk-Abkommen nicht aufgehoben wurden habe Putin enttäuscht.

„Was kann der Westen tun, damit Russland nicht zum Pulverfass wird“, fragte „Konfrontator“ Matthias Kaiser vom Punktsieben Team, der die Diskussion eröffnete. Von Beyme riet, die Sanktionen aufzuheben und Russlands Wirtschaft zu unterstützen. Der Westen sollte sich zurückhalten und nicht versuchen, die Ukraine in die EU zu ziehen. Von Beyme plädierte dafür, die eurasische Union (mit den Ex-Sowjetrepubliken Russland, Weißrussland, Kasachstan und Lirgistan) in einem Kooperationsverhältnis anzubinden. Er bezog sich auf Genscher, der eine lose Konföderation zwischen den Wirtschaftssystemen Eurasien und EU vorgeschlagen hatte.

Mit Blick auf die US-Atomwaffen, die noch in der Pfalz gelagert sind, äußerte er: „Wir verhalten uns immer noch wie ein besetztes Land. Deutschland sollte selbstbewusster gegenüber den USA auftreten. Über die Ängste der baltischen Staaten vor dem großen Nachbarn sagte von Beyme, sie sollten lernen, mit ihren russischen Minderheiten und mit Russland konstruktiv umzugehen.

Gefragt wurde er auch nach der Pressefreiheit und dem Verhältnis Staat-Kirche. Von Beyme sagte dazu: Aus Machtpragmatismus lasse Putin die neoslawische Allianz zwischen Staat und Kirche zu. Man solle Schröder einspannen, Putin davon zu überzeugen, im Innern toleranter zu sein. „Wir müssen den ‚lupenreinen Demokraten’ fördern“, so von Beyme.

Und natürlich ist auch die Syrienkrise Thema. „Wir trauen uns nicht mehr zu, zu intervenieren“, stellte von Beyme fest und sprach sich dafür aus, im Kampf gegen den islamistischen Terror vorübergehend mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad zusammen zu arbeiten. In Afrika habe der Westen schließlich mit jedem zweiten Diktator kooperiert.

Die Syrienkrise sah er auch als eine Chance für Putin, der jetzt vor der Uno-Vollversammlung seine Zusammenarbeit mit Assad verteidigte und eine internationale Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz vorschlug. Selbst US-Außenminister Kerry habe inzwischen eingesehen, dass man Assad in eine politische Lösung einbeziehen müsse.

heb

Sexuelle Vielfalt

Steffen Hoffmann March 28, 2015

Das Thema „sexuelle Vielfalt“ treibt zurzeit zahlreiche Leute auf die Straße und auch im Saal des Walldorfer Gemeindehauses wurde Kritik daran laut, Schulkinder mit dem Thema zu konfrontieren. Bei „Punktsieben“, dem Diskussionsforum der evangelischen Kirchengemeinde, sprach Landesbischof Prof. Jochen Cornelius-Bundschuh über diese „Herausforderung für Kirche und Gesellschaft“. Einigen Besuchern gingen seine Aussagen zu weit, andere kritisierten ihn hingegen als zu wenig progressiv, was wiederum auf teils heftige Gegenwehr anderer Zuhörer stieß.

In seiner Begrüßung hatte Rainer Dörlich von Punktsieben auf die „Demonstrationen und Gegendemos“ zu diesem auch fast 50 Jahre nach der sexuellen Revolution immer noch „brennenden Thema“ geblickt. Cornelius-Bundschuh selbst räumte ein, dass es Handlungsbedarf gebe angesichts der „langen Geschichte der Diskriminierung und der Schuld“ der Kirchen.

„Das halte ich für eine der wichtigsten Erkenntnisse der Reformation: dass Glaube nur ohne Gewalt in freiem Austausch wachsen kann.“ Fest dazu gehöre, „die heutige Lebenswelt gründlich kennenzulernen“: „Man muss die Bibel und die Zeitung lesen.“ Unter anderem stützte er sich auf Aussagen Jesu und die Paulusbriefe, den historischen Kontext betonend. „Schon in der Bibel begegnet uns eine Vielfalt an Lebensformen“, so Cornelius-Bundschuh: „Im Blick auf die Sexualität wird jedes gewaltförmige Verhalten abgelehnt.“ Ob homo-, hetero-, trans-, inter- oder asexuell, das sei ebenso wenig entscheidend wie nationale oder ethnische Zugehörigkeit. Was zählt: „die Gemeinschaft mit Christus“.

„Für die evangelische Kirche heißt das: Sie nimmt Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit, auch ihrer unterschiedlichen sexuellen Disposition wahr – und ernst. Sie sucht Wege, Menschen in ihrer Beziehung und Verantwortung füreinander zu stärken.“ Luther spreche von der „gebundenen Freiheit“, zwar seien Christen frei in allen Dingen, aber zugleich „in intensiver Weise füreinander verantwortlich“. So hob der Bischof vier Kriterien hervor, die für „gelungene Sexualität“ gelten müssten: Freiwilligkeit und Konsens, Verbindlichkeit der gegenseitigen Verpflichtung, personale Bindung und Unverfügbarkeit der Sexualität. Als Gefahr für Jugendliche sehe er beispielsweise die „marktförmige Sexualität“, aus Fernsehen oder Internet bereits jungen Kindern hinlänglich bekannte „Ideale der Attraktivität oder der sexuellen Leistungsfähigkeit“: „Wie viel Druck da entsteht!“ Dieser Entwicklung müsse die Kirche sich entgegenstellen.

Christina Eder, Antje Valouch und Christoph Dressler von Punktsieben stellten vertiefende Fragen, Teamkollege Holger Lehmann moderierte die anschließende Diskussion. Bischof Cornelius-Bundschuh erklärte hier, er sehe die evangelische Kirche „auf dem Weg zu einer deutlichen, positiven Position, die Menschen darin bestärkt, ihre Sexualität in einer verantwortungsvollen Beziehung miteinander zu leben“.


Im Vergleich zu anderen Landeskirchen sei man etwa in der Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften nicht so weit – noch nicht, zeigte er sich zuversichtlich. Jedoch verstehe er sich generell nicht als Befehlshaber: „Ein Bischof ordnet nichts an, was die Synode nicht mitträgt.“
 

Im in die Kritik geratenen Bildungsplan sehe er „die Chance, zu zeigen, wie Freiheit und Verantwortung zusammenhängen“. Toleranz stehe dort im Fokus, es werde sexuelle, ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt thematisiert. Das sah Cornelius-Bundschuh nicht kritisch, und auch nicht als Abschwächung der ursprünglichen Position in Folge des Sturms der Entrüstung konservativer Kreise. Das Fazit des Bischofs: „Die Kirche diskriminiert nicht, sagt nicht, welche Form der Sexualität gut oder schlecht ist: Sie ist da, hört zu, macht Mut, stärkt.“

(Text von Sebastian Lerche, der RNZ entnommen) 

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